Die erste Marienkirche wurde 1283 erwähnt und der heutige Bau laut Gewölbeinschrift 1447 geweiht. Als ehemalige Ratskirche ist sie Ausdruck der Schaffenskraft und des Stolzes der Stendaler Hansekaufleute des 15. Jahrhunderts.
An der Kirchenwand befinden sich mehrere Steinkreuze. Es handelt sich um Mord- oder Sühnekreuze, auch versetzte Grabsteine.
Von der Marienkirchstraße aus kommt man durch das sogenannte Löwenportal den Innenraum der Kirche, in einer dreischiffigen Hallenkirche mit Umgangschor und einem Kapellenkranz. Allein die Breite des Mittelschiffes beträgt 10 Meter. Von der einstigen sehr reichen Innenausstattung der Kirche sind eine Reihe bedeutender Stücke auf unsere Tage gekommen.
Im Chorraum befindet sich über der hölzernen Schranke ein Gitter, in dessen oberer Zone Großplastiken aus der Zeit um 1220/30 stehen. Sie wurden aus dem Vorgängerbau übernommen und werden dort in einem Lettner gestanden haben. Dargestellt sind die Marienkrönung und die zwölf Apostel.
Im Chor steht der Hochaltar von 1471, der zu den prächtigsten Altären seiner Zeit in Norddeutschland gehört. Sein Hauptthema ist, wie könnte es anders sein, die Mariengeschichte. Außer den wichtigsten biblischen Ereignissen, wie der Verkündigung, der Geburt Christi und der Flucht nach Ägypten, finden sich auch Szenen aus den Apokryphen (Schriften teils unbekannter, teils legendärer Autoren). Zu ihnen gehören Szenen wie der Sturz der Götzenbilder in Ägypten und die Rückkehr des Jesusknaben von dort an der Hand seiner Mutter. Das Hauptbild in der Mitte zeigt den Tod der Maria im Kreise der Apostel und darüber die Krönung der Maria zur Himmelskönigin. Auch an diesem Altar zeigen sich die weitläufigen Verbindungen der Hansestadt, denn der Einfluß der niederländischen Altäre ist unverkennbar.
Beachtenswert ist auch das Chorgestühl, das die drei Kirchenältesten Heinrich Ellinck, Hans Schönhusen und Klaus Krögher im Jahre 1508 stifteten. Der einheimische Meister Hans Ostwalt wird als Verfertiger genannt.
Nach der Reformation veränderten sich die liturgischen Erfordernisse und die Marienkirche erhielt 1566 die heutige Kanzel. In Malerei sind an ihr dargestellt: Christus als Weltenherrscher, Markus, Matthäus, Paulus, Petrus, Johannes der Täufer und Moses. Christus hält in der linken Hand die Weltenkugel, die vermutlich die älteste Stadtansicht von Stendal zeigt.
Der älteste Teil der Orgel stammt aus dem Jahre 1580 und ist vermutlich ein Werk des Orgelbauers Hans Scherer sen. aus Braunschweig. Sie wurde später wiederholt verändert und erweitert, zuletzt von 1940 bis 1944 von der Orgelbaufirma E. Hammer, Hannover.
Unter der Orgelempore steht ein erhalten gebliebener Teil eines älteren Chorgestühls aus der Zeit um 1445, von dem allerdings nur noch die beiden Wangen ursprünglich sind. Dieses Chorgestühl dürfte die letzte Arbeit einer etwa von 1425 bis 1445 in Stendal, Salzwedel und Havelberg arbeitenden Schnitzwerkstatt sein, die sich aus norddeutschen und rheinisch-westfälischen Kräften zusammensetzte.
Unter der Orgel befindet sich ferner eine astronomische Uhr aus dem 16. Jahrhundert, die 1977 wieder funktionsfähig gemacht wurde. Sie ist eine der wenigen alten Uhren ihrer Art, die in Norddeutschland noch vollständig erhalten sind. Die Pendeliänge beträgt 3,25 Meter. Im Abstand von 5 Tagen muß sie aufgezogen werden.
Die ehemalige Marienzeitenkapelle besitzt ein Sterngewölbe. Sie dient seit langem als Taufkapelle. Hier steht eine große bronzene Fünte (norddeutsche Bezeichnung eines Taufbeckens) von 1474. Vier Evangelistenfiguren bilden die Füße des schweren Beckens.
Groß ist die Zahl der Grabsteine und Epithaphien. Ein Teil von ihnen befindet sich in den Seitenkapellen, in denen einmal Altäre standen, von denen im späten Mittelalter die Marienkirche 26 besaß. Zwischen der Orgelempore und der Taufkapelle steht der Grabstein des Rektors der Stendaler Lateinschule, Esaias Wilhelm Tappert (gst. 1738), ein verständnisvoller Förderer seines Schülers Johann Joachim Winckelmann. In der Marienkirche gibt es noch viele schöne Dinge zu sehen, die meist wenig Beachtung finden, zum Beispiel eine gotische Doppelmadonna, Wandmalereien oder mehrere Schlußsteinreliefs im Gewölbe des Chorraumes. Bekannter ist ein blecherner Fisch, der am ersten nördlichen Pfeiler des Chorumganges hängt. Um ihn rankt sich eine Sage, die in Verbindung steht mit einer Überschwemmung der Stadt als Folge eines Elbdeichbruches nördlich von Tangermünde im Jahre 1425. Dieser Deich ist bis heute eine der wichtigsten Hochwasserschutzanlagen für die nordöstliche Altmark.
Vom Winckelmannplatz aus hat man einen sehr schönen Blick auf den Chor der Marienkirche und auf ihre 84 Meter hohen Türme, deren Helme 1987/91 eine neue Kupfereindeckung erhielten. In der Glockenstube, wo auch die Turmfalken ihr Reich haben, hängen vier Glocken. Unter ihnen gibt es zwei ganz besondere Kostbarkeiten. Es sind die Glocken "Maria" (Durchmesser 1,99 m) und die Glocke "Anna" (Durchmesser 1,58 m). Beide wurden 1490 gegossen von dem wohl bedeutendsten europäischen Glockengießer Gerhard van Wou aus Kampen in den Niederlanden, dem Schöpfer der berühmten Glocke "Gloriosa" im Dom zu Erfurt. Seit über 500 Jahren lassen sie nun schon ihren erzenen Ruf erschallen. Eine weitere Glocke wurde 1498 von H. Borstelmann aus Magdeburg gegossen und die jüngste 1616 von H. Nüssel aus Hamburg. Gemeinsam bilden die vier Glocken das schönste Geläut der Altmark.